THOMAS KEMPER MALEREI






SABINE ELSA MÜLLER ÜBER DIE ARBEITEN AUF ALUMINIUM 1995

Augenblicke völliger Konzentration scheinen die Zeit stillstehen zu lassen. Die Ausstellung in der Artillerie in Köln spiegelt eine solche, seltene Konstellation. Vier Bilder, kaum 40x30 cm groß, vollführen das Kunststück, den Raum in eine konzentrierte Stimmung zu versetzen, vergleichbar mit der Situation während der Aufführung eines Musikstückes oder besser, eines Tanzes. Denn die Aktionsspuren auf den Bildern von Thomas Kemper (geb. 1957) haben viel mit der einstudierten Leichtigkeit eines tänzerischen Bewegungsablaufes gemein.

Aber wir haben es mit Malerei zu tun, und die Bewegung wird hier zur Zeichnung ‑ innerhalb eines kleinen, mehrfach untergliederten Farbfeldes, das von der viel größeren, makellos glatten Restfläche scharf abgegrenzt ist. Die Zeichnung ist keine aufgesetzte Zutat, sondern mit der Malerei verzahnt. Sie wird in die noch feuchte Ölfarbe eingeschrieben, so dass die widerstandsfähigere Farbe des Untergrundes (Alkyd) freigelegt wird. Das Ergebnis ist eine kürzelhafte Notation, dessen starkes energetisches Potential in krassem Gegensatz zur scheinbaren Unberührtheit der ruhigen Restfläche steht.

Die in einem (Atem‑)Zug durchgeführte Zeichnung wird jeweils nur in Ausschnitten gezeigt; je nach Bildtauglichkeit werden Teile davon hervorgehoben oder auch ganz gelöscht. Dadurch wird die Zeichnung mehr oder weniger stark angeschnitten und mit der Fläche verspannt. Durch Lasuren kann sich auch der Farbwert der Zeichnung selbst verändern, so dass sie wie von einem halbtransparenten Schirm verborgen scheint.

Die einzelnen Felder fügen sich zu einem satten Farbklang mit kräftigen, aber fein abgestimmten Kontrasten zusammen. Trotz der Dynamik der Gegensätze kommt die Tafel als ganzes zur Ruhe. Sie schwebt ‑ mit einem geringen Abstand ‑ vor der Wand als in sich geschlossenes Bild mit einer so dichten, konzentrierten Spannung, wie sie sich nur bei einem relativ kleinen Format denken lässt.